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Den Dom durften wir nie betreten    <  >
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Mieczyslaw Wasik, geboren im September 1927, lebt mit seiner Mutter, der Großmutter und drei Schwestern in Radom. Unter deutscher Besatzung wird die Wohnung der Familie von einem Deutschen übernommen. Die Familie muss in eine Wohnung wechseln, in der zuvor eine jüdische Familie lebte, die wiederum in das Ghetto von Radom ziehen muss. Mieczyslaw Wasik ist Augenzeuge der »Liquidierung« des Ghettos, die vom 16. bis zum 18. August 1942 stattfindet. An seinem fünfzehnten Geburtstag erhält er eine Aufforderung, sich beim Arbeitsamt zu melden. Knapp zwei Monate später wird er nach Köln verschleppt, lebt im Lager Hornstraße und muss für die Deutsche Reichsbahn arbeiten. Nach einer Inspektion des Lagers durch eine Kommission des Roten Kreuzes wird er aufgrund seines Alters Anfang 1943 nach Hause entlassen. In Radom muss er bis zur Befreiung für eine deutsche Firma arbeiten. 1946 geht er zur Armee und zieht nach seiner Entlassung nach Warschau.

Im August, Mitte oder Ende August, wurde das Ghetto liquidiert. Und ich wohnte nahe am Ghetto, sehr nahe. Bei der Ghettoliquidierung kam die SS. Die SS war eine richtige Ansammlung von Banditen. In deutschen Uniformen, mit SS-Abzeichen, aber das war ein Gemisch: Es gab Letten, Litauer, Ukrainer. Unter ihnen gab es auch Deutsche. Sie kamen betrunken an und liquidierten das Ghetto. Sie schossen auf jeden, gingen in die Häuser hinein, warfen kleine Kinder, alte Frauen, alles, durch die Fenster hinaus. Und den Rest, den sie dort nicht ermordeten, brachten sie nach draußen. Dorthin brachten sie die Jüngeren, die gehen konnten. Und die Alten: ›PUCH! PUCH!‹, an Ort und Stelle brachten sie sie um und gingen weiter. So gingen sie von einer Wohnung zur anderen und liquidierten sie. Der Krach, die Schreie, das ist nicht zu beschreiben. Sie mordeten diese Menschen, und den Rest, der gehen konnte, schmissen sie nach draußen, auf eine Stelle, und sie jagten diese Menschen. Drumherum stand die SS, sie umstellte sie und trieb sie zum Laufen an. Sie hatten solche Knüppel, schlugen diese Menschen und jagten sie auf die Rampe. Dort standen schon Waggons. Auf dem Boden der Waggons waren Kalk und Chlor ausgestreut. Sie schlugen diese Menschen, damit sie in die Waggons gingen. Wenn sie nicht mehr hineinpassten, schlugen sie die Letzten so stark, dass auch diese sich hineinquetschten, weil sie es nicht mehr aushalten konnten. Danach wurde der Waggon geschlossen und sie gingen zum nächsten und zum nächsten ...

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